OR 2010 in München

Jahrestagung 2010 der GOR, München, 1.-3. September 2010 an der Universität der Bundeswehr

von Hans-Jakob Lüthi, Zürich

Zur jährlichen GOR-Jahrestagung vom 1. bis zum 3. September in München wurden wir am Vorabend bei einem mediterranen Buffet begrüßt: Die lokalen Organisatoren schufen damit eine kulinarische Brücke zu den italienischen Kollegen, welche zu dieser Tagung als Mitorganisatoren eingeladen wurden. Die »Italità« wurde also nicht nur zu einer kulinarischen, sondern auch wissenschaftlichen Bereicherung der Tagung.
»Mastering Complexity«: unter dieses herausfordernde Motto stellten die Organisatoren unter der Führung von Stefan Pickl die Tagung auf dem Campus der Universität der Bundeswehr München, der dank der eigens bereitgestellten Shuttlebusse gut zu erreichen war. Bereits die Eröffnungsansprache von Roland Bulirsch, Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, entführte die Zuhörer in die Unendlichkeit des Alls, hin zur Urfrage nach der Entstehung des Sonnensystems mit dem winzigen Zeitfenster des Lebens auf der Erde (»Stars are born like us«) und der vermuteten (berechneten) Endlichkeit des solaren Systems. Ob Menschen diese astronomischen Zeiträume je verstehen können?
Nach dem geistigen Flug ins All wurden die Teilnehmer vom reichen Tagungsangebot zurück zum Hier und Jetzt geholt. Unter den mehr als 450 Beiträgen, gegliedert in 21 Themengebiete, konnte jeder Teilnehmer seinen Präferenzen entsprechend einen interessanten Tagesplan zusammenstellen. Darüber hinaus boten die 15 Semiplenarvorträge ein breites Spektrum von der weltweiten Schifffahrt bis hin zur experimentellen Untersuchung von spieltheoretischen Modellen zur Entstehung von Kooperation und Koordination beispielsweise in logistischen Netzwerken.

Der Schreibende besucht regelmäßig die Vorträge der GOR-Dissertationspreisträger, welche einen ausgezeichneten Einblick in die aktuelle lokale Forschung erlauben. In diesem Jahr waren dies Benjamin Hiller (ZIB) mit seiner Arbeit zur probabilistischen Analyse und Entwurf von Online-Algorithmen, Gabrio Caimi (ETH Zürich) zur Fahrplanerstellung in stark ausgelasteten Eisenbahnnetzen, Debora Mahlke (TU Darmstadt) über mehrstufige stochastische Programme zur Produktionsplanung in der Energieerzeugung und Florian Sahling (Leibniz Universität Hannover) zum Thema der dynamischen Losgrößenbestimmung in kapazitätsbeschränkten mehrstufigen Produktionsnetzen. Die Vielfalt der Gebiete zeigt zum einen die Lebendigkeit des Operations Research in unterschiedlichen Anwendungsbereichen, zum andern kommt die algorithmische Kompetenz in jeder dieser Arbeiten klar zum Ausdruck. Die Vorträge waren allesamt Musterbeispiele zum Tagungsthema »Mastering Complexity«!

Umrahmt wurde die Tagung von einem reichen Angebot an gesellschaftlichen und kulturellen Anlässen: Das Orgelkonzert in der Pfarrkirche Sankt Peter (im Volksmund Alter Peter genannt), gekonnt gespielt von lokalen Berufskollegen, überraschte die Zuhörer mit einem verborgenen Spaß des Orgelbauers. Der anschließende Empfang durch die Stadt im gotischen Saal des Alten Rathaus gab einmal mehr Gelegenheit, in nicht alltäglicher Umgebung alte Freunde und Kollegen zu sehen und neue Bekanntschaften zu machen, und endete mit einer Einladung zur Unterstützung der Münchner bei ihrer Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 2018.

Die OR 2010 in München fand einen würdigen Abschluss an der besten kulinarischen Adresse, dem Bayerischen Hof. In diesen historischen Jugendstilräumen dinieren zu dürfen ist ein einzigartiges Erlebnis! Es ist denn auch nicht erstaunlich, dass die Teilnehmer nur mit einem Ohr dem Podiumgespräch der drei Experten zum Schutz kritischer Infrastrukturanlagen zuhören mochten. Der Berichterstatter dankt den Münchner Kollegen für die herausragende Gastfreundschaft und freut sich auf ein Wiedersehen in Zürich zur OR2011!